From 7aa8206873cd93a4e3a1a5f957ab64ff4d25352f Mon Sep 17 00:00:00 2001
From: Larsan
+Die Angst vor Zensur bei Internet- +Sperren + +Braunschweig +Auch ein Zahnarzt landete auf der Liste. + +[Foto] +Mit diesem Stopp-Schild sollten vor Jahren Kinderporno-Seiten gesperrt werden. +Foto: Jens Schierenbeck/dpa + +Ein Leser, der sich ,,Maddinâ nennt, bemerkt auf unseren lnternetseiten: + +Zensur in jeglicher Form ist eines Rechtsstaates niemals würdig! Die Menschen sind +doch alt genug; wer dann eine Klage bekommt kann sich verteidigen. Denn wer legt +fest, was illegal ist? Wer überwacht Zensur, um Missbrauch zu verhindern? + +Die Antwort recherchierte Philipp Engel + +Vor vier Jahren handelte sich die damalige Familienministerin Ursula von der Leyen +einen unrühmlichen Spitznamen ein: ,,Zensursulaâ. Der Anlass hat mit dem heiklen +Punkt zu tun, den unser Leser anspricht: staatlicher Zensur. Damals ging es um das +sogenannte ,,Zugangserschwerungsgesetzâ. Es sah vor, Webseiten mit +kinderpornograï¬schen Inhalten schnell und unkompliziert zu sperren. Das +Bundeskriminalamt sollte eine Sperrliste führen und jene Seiten mit einem Stopp- +Schild blockieren. Das Vorhaben scheiterte schlieÃlich. + +Netzaktivisten liefen Sturm, da sie die Schaffung einer Infrastruktur befürchteten, die +Zensur erleichtern würde. Zudem lieÃen sich die Sperren mit geringem Aufwand +umgehen. + +Ahnlich steht es um die Folgen des Urteils aus Luxemburg. Sollte ein deutsches Gericht +die Internet-Anbieter zu Sperren verurteilen, so wären diese durch Proxy-Server oder +TOR-Netzwerke leicht umgehbar, erklärt Lars Andresen vom Braunschweiger +Computerverein ,,Stratum 0â. AuÃerdem würden mit dem Verschwinden einer Seite +mehrere identische Seiten auftauchen â unter anderen Internet-Adressen: Die Seite, die +zum EuGH-Urteil führte, war unter kino.to aufrufbar. Sie existiert mittlerweile nicht +mehr â aber die Inhalte sind woanders weiter verfügbar. + +,,Wer nach Filmen zum Streamen oder auch nach Kinderpomos sucht, der lässt sich +durch Sperren nicht abschreckenâ, meint Andresen. Leute, die explizit suchen, würden +auch fündig. Im Zweifel träfen Sperren die Falschen meint der Experte â etwa wenn +Seiten mit legalen Inhalten auf die Sperrlisten rutschen. + +Das geschah etwa in Australien. Auch dort gab es ein Sperr-Gesetz. Dann wurde die +Liste der Sperrungen öffentlich und es zeigte sich, dass die australischen Provider +knapp 2500 Internet-Seiten sperren mussten. Laut ,,Sydney Morning Heraldââ +beinhalteten jedoch nur etwa die Hälfte der gesperrten Internetseiten strafbare Inhalte +wie Kinderpornograï¬e. Der Rest bestand unter anderem aus Online-Poker-Angeboten, +legaler Pornograï¬e, Youtube-Videos und Wikipedia-Einträgen, aber auch aus den +Onlineauftritten eines Reiseveranstalters und eines Zahnarztes. ,,Das Bild eines Zensur- +Regimesâ, kommentierte das Blatt. Beispiele für solchen Missbrauch fänden sich in +vielen Ländern, so Lars Andresen. + +Als Alternative zur Sperrung bringen Netzaktivisten immer wieder das Löschen von +Seiten und Inhalten ins Gespräch. Dass das klappt, beweist das BKA. So seien laut +einem Bericht von Innen- und Justizministerium die überwiegende Zahl +kinderpornograï¬scher Inhalte nach Hinweisen der Ermittler gelöscht worden. + +GLOSSAR + +Proxy-Server: ein Computer, der den Standort des eigenen Computers verschleiern kann. + +TOR-Netzwerk: ein Netzwerk mehrerer Computer, die ein Signal verschlüsselt weiterleiten und so +die Herkunft verschleiern. + +Hoster: der Besitzer eines Servers, auf dem Webseiten gespeichert sind. + +Provider: der Anbieter eines Internet-Zuganges, beispielsweise die Telekom oder Alice. + +Stream: ein Datenstrom aus dem Internet, etwa bei Youtube-Videos, um Inhalte auf dem eigenen +PC anzuzeigen. + +Die Ermittler hatten sich mit Hinweisen an die Hoster gewandt â also diejenigen, die +Speicherplatz im Internet bereitstellen. Gut drei Viertel der Inhalte waren auf Servern +zu ï¬nden, die im Ausland stehen. Die Inhalte waren nach BKA-Angaben nach vier +Wochen zu 97 Prozent gelöscht. Deutsche Hoster brauchten höchstens zwei Wochen â +dann waren die beanstandeten Inhalte zu 100 Prozent verschwunden. +-- 2.20.1